Immer wieder wächst der Raps
Mit einem Klick hier oder auf das Bild kommt ihr direkt zum größten Konzert, zu dem ich je als Gast geladen war. Ihr hört die unikate deutsch-tschechische Interpretation von drei Liedern, über die ihr unten im Text mehr erfahren könnt.
Das Konzert fand am 21. 12. 2019 im Bergmannsstädtchen Freiberg am nördlichen Fuße des Erzgebirges statt. Der Stadtsaal Tivoli ist schon traditionell die letzte Etappe der Konzerttouren der Band Keimzeit, der ich die Auftritte verdanke.
Erstes Lied: Gras
Am 21. Januar wäre der bemerkenswerte deutsche Liedermacher Gerhard Gundermann 65 Jahre alt geworden. In seiner Heimat der Lausitz wurde er im Laufe der 80er und 90er Jahre zu einer Art lokalem Springsteen. Als einer von wenigen Ostdeutschen Autoren überstand er die Wende, ohne durch die neu entstandenen Verhältnisse Publikum zu verlieren.
Einen Vertrauensverlust erlitt er aber Mitte der 90er Jahre, als er – ähnlich wie Liedermacher in Tschechien – medial mit dem Material aus den geöffneten Polizeiarchiven konfrontiert wurde. Zwanzig Jahre nach seinem frühzeitigen Tod erschien der Spielfilm Gundermann, der seine Kollaboration thematisiert. In Tschechien lief der Film bisher zweimal: im Rahmen von Febia und im Rahmen des Filmfests.
Und auf diesem Festival kreuzten sich die Wege von mir und der Band Keimzeit, die als Hauptact des musikalischen Begleitprogramms eingeladen worden war.
Gras/Tráva ist eines der bekanntesten Lieder von Gundermann; im Original ist es zum Beispiel hier zu hören. Letztes Jahr habe ich das Lied im Rahmen eines Symposiums zu Gundermann in der Lausitzer Stadt Hoyerswerda übersetzt.
Wenn euer Interesse an Gundi geweckt wurde, kann ich euch eine Sammlung unserer Übersetzungen Gundermanns Lieder in Europa senden – die zugehörige CD beinhaltet 17 von Gundis Liedern in insgesamt 10 verschiedenen Sprachen. Inklusive meines tschechischen Gras.
GRAS ► Video aus Freibergu | Video aus Hoyerswerda | Übersetzung
Zweites Lied: Der Löwe
Von der Band Keimzeit habe ich letztes Jahr zum ersten Mal gehört, als ich vom Goethe Institut eingeladen wurde, bei oben genanntem Filmfestival zu spielen. Auf das Konzert habe ich mich intensiv vorbereitet und mit dem Kontrabassisten Radek Polívka und dem Violinisten Honza Bartošek habe ich anschließend ein außergewöhnliches Programm gespielt, dass ich – in Hinblick auf den Kontext – auf Deutsch moderiert habe.
Es waren nicht nur meine beiden Gundermann-Übersetzungen zu hören, sondern auch etwas aus meiner älteren Schweizer Arbeit, das Lied Grenzen der deutschen Singer-Songwriterin Dota Kehr und als Premiere auch die Übersetzung des Schlafliedes Der Löwe, das Norbert Leisegang, der Frontman der Band Keimzeit vor dreißig Jahren geschrieben hat.
Dieses Lied hat bei mir von allen Liedern von Keimzeit, die ich zu Studienzwecken studiert habe, den größten Eindruck hinterlassen. Auf jeden Fall hat mir mein nicht angeborener Löwenmut bei der Einladung nach Deutschland geholfen – das Ergebnis könnt ihr hier sehen und hören.
DER LÖWE ► Video aus Freiberg | Übersetzung
Píseň třetí: Blázinec
Keimzeit ist bereits eine Institution, die sich nach Dienstjahren und Renommee in Tschechien mit Züri West vergleichen lässt. Nach einer fast vierzigjährigen Karriere füllen sie große Säle in ganz Deutschland und ziehen immer neue Generationen von Fans an, die bei den Konzerten in Eintracht gemeinsam die Texte mitsingen.
Diesen Erfolg verdanken sie Fleiß, unermüdlichem Auftreten, Norberts Dichterseele und – wie er mir selbst gesagt hat – einer Portion Glück. Dank der revolutionären Zeit, dem damaligen Einfluss des Rundfunks, einer selbstbewussten Produktion und dem entzündeten Geist in Ostdeutschland wurde das Lied Irrenhaus zu einem der größten Hits der Band. Ähnlich wie bei uns Náměšť von Hutka stellt Irrenhaus den deutschen Soundtrack zu den Wendejahren 89/90 dar. Wer sich an die Zeit erinnern kann, kennt Keimzeit.
IRRENHAUS ► Video aus Freiberg | Übersetzung
Danksagung:
- Goethe Institut Prag
- Keimzeit & DTM
- Johan Meijer
- Frank Viehweg